NR 870
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, drei Superblocks, nach dem aus Barcelona stammenden Konzept, einzurichten. Hierfür sollen insbesondere bestehende Ansätze unterstützt sowie Vorschläge von Ortsbeiräten, Initiativen und Bürger*innen eingeholt und berücksichtigt werden. Im Vorhinein soll auf die Möglichkeiten der Partizipation und das Konzept umfassend aufmerksam gemacht werden.
1. Bei der Gestaltung der Superblöcke sind folgende Anforderungen zu beachten:
a) der motorisierte Durchgangsverkehr wird in bis zu vier zusammenhängenden Quartieren durch eine strategische Platzierung von Einbahnstraßen und weiteren Maßnahmen reduziert und auf die umliegenden, leistungsfähigen Hauptstraßen, deren Verkehrsfluss sichergestellt sein muss, außerhalb des definierten Blocks gebündelt; ein einzelnes umgestaltetes Quartier innerhalb des Superblocks sollte nicht größer als ungefähr 400 auf 400 Meter (ca. 1,6 Quadratkilometer) sein,
b) einzelne Straßenabschnitte, wenn sie in diesem Bereich nur eine geringe verkehrliche Bedeutung haben, werden für den motorisierten Verkehr gesperrt und umgewidmet,
c) die Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs wird durch entsprechende bauliche Maßnahmen reduziert, im Superblock genießen Rad- und Fußverkehr Vorrang,
d) Ziel sind neue Freiflächen, mehr Barrierefreiheit und bessere Aufenthaltsqualität, zudem wird der öffentliche Parkraum angepasst und so bepreist, dass auch Dritte als Besucher in diesen Zonen sinnvoll parken können,
e) dabei wird berücksichtigt, dass alle Gehwege so nutzbar sind, dass keine Hindernisse für Menschen mit Behinderung bestehen und der Straßenquerschnitt ein sicheres Radfahren erlaubt,
f) die verkehrsberuhigten Straßenabschnitte werden mittels Straßenbemalung, Stadtmöbel, Begrünungs- und Beschattungselementen aufgewertet, die entstehenden autofreien Straßenabschnitte ggf. zusätzlich mit Sport- und Spielgeräten zu Gemeinschaftsflächen umgestaltet – auch hierbei ist der Aspekt der Barrierefreiheit zu beachten.
2. Die Blocks sind in Stadtteilen einzurichten, in denen Teilaspekte des Konzepts schon umgesetzt wurden und ergänzt werden können.
3. Außerdem sollen neben einer Analyse der Parkraumsituation, die sicherstellt, dass entsprechende Überwachungen zum Verhindern von Falschparken gewährleistet sind, auch Daten aus Verkehrsanalysen herangezogen werden (beispielsweise anhand von Floating Car Data), die Aufschluss insbesondere über Durchgangsverkehre und die Verkehrsstärke in Neben- bzw. Hauptstraßen geben können.
4. Zu beachten ist auch, wie durch die Integration von Superblocks in Neubauprojekten das Wohnumfeld bestehender Quartiere profitieren kann.
5. Es wird angestrebt, die Umsetzung wissenschaftlich zu untersuchen und durch einen Beteiligungsprozess zu begleiten.
Begründung:
Als Superblock versteht man die Zusammenführung von mehreren Häuserblocks und Straßenzüge zu einem autoarmen Viertel. Ziel ist es, in diesen Wohnquartieren den motorisierten Durchgangsverkehr einzudämmen. Auf den Hauptstraßen außerhalb des Wohnquartiers soll der Durchgangsverkehr flüssig fließen. Innerhalb des Wohnquartiers bleiben alle Ziele weiterhin mit dem Auto erreichbar, allerdings sind die Zuwege aufgrund der Umstrukturierung des Verkehrssystems begrenzt. Es werden zudem Straßenflächen frei, die anderweitig genutzt werden können.
Frankfurt gelang es bereits in vielen Stadtteilen, den Durchgangsverkehr durch ein Einbahnstraßensystem und weitere Maßnahmen konsequent auf den Hauptstraßen zu bündeln. Teilaspekte des Konzepts wurden auch durch die Schaffung von fahrradfreundlichen Nebenstraßen bereits umgesetzt. Allerdings besteht noch sehr viel mehr Potential für die Qualität des öffentlichen Raums, wenn auch der ruhende Verkehr auf öffentlichen Flächen reduziert wird, und das in Form eines zusammenhängenden Konzepts innerhalb eines ganzen Stadtviertels.
Ziel der kosteneffizienten Maßnahme ist es, durch die Reduzierung von Durchgangsverkehren und ruhendem Verkehr sowie der konsequenten Verkehrsberuhigung in den Stadtbezirken das städtische Verkehrssystem effizienter, sicherer, barrierefreier und nachhaltiger zu gestalten sowie die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen zu verbessern und mit neuen Begegnungsmöglichkeiten den sozialen Zusammenhalt und ein inklusives Zusammenleben zu stärken.
Das Konzept Superblocks wird in Barcelona bereits seit einigen Jahren umgesetzt. Die Anzahl der Wege, die dort zu Fuß oder mit dem Fahrrad unternommen werden, hat sich spürbar erhöht. Die Luftqualität hat sich stetig verbessert und der Lärm hat sich reduziert. Befürchtungen, dass aufgrund der Verkehrsberuhigung der Einzelhandel leiden könnte, haben sich nicht bestätigt.
Deutschlandweit adaptieren bereits einige Städte das Superblock-Konzept, so werden in Berlin sog. „Kiezblocks“ geplant, Hannover prüft die Umsetzung von drei Superblocks, Stuttgart plant die Umsetzung von Superblocks und in Leipzig wurde das Konzept bereits in einem Quartier umgesetzt.