Sanierungsoffensive für Frankfurt II: Beschleunigung der energetischen Sanierung von stadteigenen Gebäuden

NR 991

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Stadt Frankfurt verfolgt die Absicht, die städtischen Gebäude im Rahmen der Anstrengungen zur Erreichung einer klimaneutralen Stadtverwaltung schnellstmöglich im Betrieb klimaneutral zu machen.

Angesichts des Sanierungsstaus bei den städtischen Gebäuden und knapper Fachkräfte setzt sich die Stadt zum Ziel, die energetische Sanierung des stadteigenen Gebäudebestandes so zu beschleunigen, dass bis 2030 mindestens 50 % aller stadteigenen Bestandsgebäude und spätestens bis 2040 alle stadteigenen Gebäude, bei welchen es aus technischen und wirtschaftlichen Gründen möglich ist und bei welchen keine gewichtigen Ausschlussgründe dagegen sprechen, durch energetische Sanierung auf einen möglichst klimaneutralen Gebäudebetriebszustand gebracht werden (in der Regel Passivhaus-Standard, bei denkmalgeschützten Gebäuden „Effizienzhaus Denkmal“-Standard). Die Stadt strebt hierfür eine jährliche Sanierungsquote von 4 % bei städtischen Gebäuden an.

Bei der energetischen Sanierung sollen diejenigen stadteigenen Gebäude priorisiert werden, die bislang einen besonders schlechten energetischen Zustand aufweisen, die besonders viele THG-Emissionen emittieren, die besonders kosteneffizient saniert werden können und bei welchen ohnehin Sanierungs-, Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen anstehen.

Die Stadt soll insbesondere durch die Umsetzung der folgenden Maßnahmen ihren Beitrag dazu leisten, dass dieses Ziel bestmöglich erreicht werden kann:

1. Der Magistrat wird beauftragt, schrittweise eine möglichst vollständige und digital-gestützte Übersicht für die Stadtverwaltung über die städtischen Gebäude und ihre aktuelle energetische Situation und ihren Sanierungsbedarf zu erstellen. Hierfür ist ein alle vorliegenden Informationen integrierendes und digital gestütztes Informations- und Sanierungsmanagement-Tool zur Erfassung und Bewertung des energetischen Zustands der stadteigenen Gebäude einzuführen. Mithilfe dieses Tools soll es möglich sein, anzuzeigen, welche stadteigenen Gebäude besonders hohe Energieverbräuche aufweisen und dadurch besonders hohe THG-Emissionen verursachen, welche besonders kostengünstig saniert werden können und wo aus anderen Gründen Sanierungsmaßnahmen anstehen. Mithilfe dieses Tools könnten die rund 2.500 stadteigenen Gebäude gescreent und in Klassen mit unterschiedlichem Sanierungsbedarf eingeteilt werden. Das IT-gestützte Tool soll bis spätestens Ende 2025 eingeführt werden.

2. Der Magistrat wird beauftragt, umgehend damit zu beginnen, die bisherige Strategie zur energetischen Sanierung des stadteigenen Gebäudebestandes so weiterzuentwickeln, dass der stadteigene Gebäudebestand bis 2030 möglichst weitgehend und spätestens bis 2040 vollständig klimaneutral gemacht werden kann.

a) Die Strategie soll einen Umsetzungsfahrplan enthalten, der mit konkreten jahresbezogenen Zwischenzielen beschreibt, welcher Anteil des städtischen Gebäudebestands in den kommenden Jahren energetisch saniert werden soll.

b) Die Strategie soll beschreiben, inwiefern zur Zielerreichung z. B. ähnliche Sanierungsprojekte zu bestimmten Typen gruppiert werden sollen, welche technischen Kriterien sich für die Priorisierung von Projekten anbieten und welches Organisationsmodell für die Umsetzung bestimmter Projekte vorgesehen ist. Dabei soll erläutert werden, welche Projekttypen durch das Amt für Bau und Immobilien selbst, welche Projekttypen in Kooperation mit städtischen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften und welche Projekttypen in Kooperation mit privaten Partner*innen umgesetzt werden sollen.

c) Die neue Sanierungsstrategie soll zusammen mit dem dazugehörigen Umsetzungsfahrplan bis Mitte 2025 vorgelegt und nach Beschluss auf der städtischen Internetseite öffentlich zugänglich gemacht werden.

3. Der Magistrat wird beauftragt, bis Mitte 2025 eine verwaltungsintern abgestimmte Liste mit etwa 100 aus technischer Sicht als prioritär einzustufenden städtischen Gebäudesanierungsprojekten vorzulegen, die sich für eine Sanierung in einem ersten Zeitraum (z. B. 2025-2027) zur Umsetzung anbieten (z. B. „Sanierungsprogramm 2025-2027“). Dieses Programm soll prioritäre Sanierungsprojekte aus allen Themenbereichen und im gesamten Stadtgebiet umfassen. Aufgrund der großen Dringlichkeit zur Bereitstellung ausreichender Schul- und Kitaplätze bis 2030, des hohen Anteils von Bildungsgebäuden an der Gesamtfläche des städtischen Gebäudebestands, der besonders hohen Energiekosten von Schulgebäuden und der herausgehobenen Demonstrations- und Multiplikator-Wirkung, die bei Schulgebäuden erreicht werden kann, sollen Sanierungsprojekte im Bildungsbereich hierbei besonders berücksichtigt werden.

4. Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, welche konkreten Ziele und Maßnahmen zur Erfüllung der neuen gesetzlichen Verpflichtungen, die aus der Energieeffizienz-Richtlinie der EU gemäß Artikel 6 (1) sowie Artikel 6 des Energieeffizienzgesetzes entstehen, bei der energetischen Sanierung der städtischen Gebäude in Frankfurt erforderlich und besonders kosteneffizient sind.

5. Der Magistrat wird beauftragt, auf der Grundlage dieser atmenden Prioritätenliste und der identifizierten Maßnahmen zur Erfüllung der neuen gesetzlichen Verpflichtungen konkrete Bau- und Finanzierungsvorlagen einzubringen, um die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen gemäß der im Fahrplan festgelegten Zwischenziele in die Wege zu leiten.

6. Der Magistrat wird beauftragt, zur Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen gezielt und systematisch alle möglichen öffentlichen Fördermittel für die energetische Sanierung von städtischen Gebäuden zu beantragen und die dafür erforderlichen städtischen Eigenmittel im Rahmen des Haushalts bereitzustellen.

7. Der Magistrat wird beauftragt, alle THG-Emissionen, die nach Ende 2030 trotz umfassender Sanierungs- und Energieeinsparungsmaßnahmen im stadteigenen Gebäudebestand anfallen, mit einem kommunalen CO2-Preis zu bepreisen und den so errechneten Betrag zweckgebunden für energetische Sanierungsmaßnahmen an städtischen Gebäuden in den Haushalt einzustellen. Dazu soll, wie bereits im Rahmen der Vereinbarungen zur „Klimaallianz“ (§ 5019 vom 12.12.2019) grundsätzlich beschlossen, ein städtischer Klimaschutzfonds eingerichtet werden, über den zusätzliche Mittel zur Finanzierung von emissionsmindernden Maßnahmen bei städtischen Bestandsgebäuden bereitgestellt werden. Der Fonds soll bis spätestens Ende 2030 eingerichtet sein.

8. Der Magistrat wird beauftragt, jährlich einen kurzen und kennzahlenbasierten Monitoringbericht vorzulegen, in welchem die Umsetzung des Fahrplans zur Erreichung der Zwischenziele auf dem Weg zu einem klimaneutralen stadteigenen Gebäudebestand beschrieben wird und, falls die jährlichen Zwischenziele nicht erreicht werden konnten, ergänzende Maßnahmen zur Einhaltung der Ziele beschrieben werden. Der Bericht soll eine Übersicht enthalten, aus der hervorgeht, wie sich die THG-Emissionen des städtischen Gebäudebestands seit dem Basisjahr 1990 bis heute entwickelt haben und in der abgebildet ist, welcher Reduktionspfad für die nächsten Jahre angestrebt wird.

Begründung:

Die energetische Sanierung der städtischen Gebäude leistet einen sehr wichtigen Beitrag dazu, dass die städtischen Gebäude optimal genutzt werden können, dass der Wert der städtischen Gebäude erhalten wird, dass die Betriebskosten für Strom und Wärme/Kälte reduziert werden und dass die Klimaschutzziele der Stadtverwaltung erreicht werden können.

Die im Februar 2024 beschlossene umfassende energetische Sanierung der Schirn Kunsthalle wird dabei als Vorbild für die anstehende Sanierung anderer städtischer Gebäude im Sinne des „Neuen Bauens“ gesehen.

Im Koalitionsvertrag hat die Stadtregierung aus GRÜNEN, SPD, FDP und Volt betont, dass die klimaneutrale bzw. deutlich klimafreundlichere Sanierung aller stadteigenen Gebäude ein wichtiger Pfeiler ist, um Frankfurt bis 2035 klimaneutral zu machen. Die Stadt soll daher bei der energetischen Sanierung von Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie die Gebäudehüllen besser energetisch gedämmt, energieeffiziente Heizungssysteme eingebaut und die Heizung auf klimaneutrale oder klimafreundlichere Quellen umgestellt werden kann. Im Koalitionsvertrag wurde ebenfalls vereinbart, dass für alle stadteigenen Gebäude Sanierungsfahrpläne erstellt werden sollen.

Die Stadtverordnetenversammlung hat im Rahmen des großen Klimaschutzpakets „Klimaneutrales Frankfurt 2035. Grundsatzbeschlüsse“ beschlossen, dass die Stadt Frankfurt die Absicht verfolgt, die Stadtverwaltung bereits bis 2030 klimaneutral zu machen (§ 1650 vom 12.05.2022). Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen der städtischen Gebäude spielt für die Erreichung dieses Ziels eine zentrale Rolle.

Seit Herbst 2023 bestehen außerdem neue gesetzliche Verpflichtungen für Kommunen in Europa: Die Energieeffizienzrichtlinie der EU, Artikel 6 (1) sieht eine jährliche Sanierung von 3 % der städtischen Gebäude vor. Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) von 2023 verpflichtet die Kommunen gemäß Artikel 6 zu Primärenergieeinsparungen im städtischen Gebäudebestand von jährlich 2 %.

Diese neuen gesetzlichen Vorgaben bedeuten, dass die Stadt Frankfurt ihre bisherigen Anstrengungen zur energetischen Sanierung der städtischen Gebäude deutlich verstärken muss.

Im Januar 2021 waren erst ca. 250.000 Quadratmeter, also 12,5 % des stadteigenen Gebäudebestandes in Frankfurt, mit Passivhaus-Komponenten ausgestattet. Es müssen also noch rund 87,5% saniert werden. Bei der derzeitigen Sanierungsquote von ca. 2,2 % würde es knapp 40 Jahre dauern, bis die Gebäude nahezu klimaneutral sind, also bis zum Jahr 2060. Bei einer Sanierungsquote von 4,4 % könnte das Ziel bereits 2040 erreicht werden (siehe Antwort des Magistrats auf die Frage vom 21.01.2021, F 3063).

Laut städtischem Energiemanagement kostet die energetische Sanierung bei stadteigenen Gebäuden geschätzt 2.000 Euro pro Quadratmeter. Diese Investition stellt eine wirtschaftlich gesehen sehr attraktive Investition dar. Laut städtischem Energiemanagement können die bei einer energetischen Sanierung der stadteigenen Gebäude anfallenden Mehrkosten für einen optimierten Sanierungsstandard inklusive Photovoltaik-Anlagen und Kraft-Wärme-Kopplung über die Einsparungen erwirtschaftet werden. Die Ziele der Energiewende sind daher mit wirtschaftlichen Mitteln erreichbar.

In den Budgets der einzelnen Dezernate bzw. im Investitionsprogramm der Stadt stehen erste Haushaltsmittel bereit, mit welchen die städtischen Gebäude im jeweiligen Fachgebiet auch energetisch saniert werden können (z. B. Mittel für die Sanierung von Schulgebäuden). Darüber hinaus ermöglicht der im Haushalt 2022 beschlossene neue Topf „Energetische Ertüchtigung Bestandsgebäude“ (Projektnummer 5.010742), dass im Haushaltsjahr 2022 12,5 Mio. Euro und in den Jahren 2023 bis 2026 jeweils 25 Mio. Euro jährlich zur energetischen Sanierung von stadteigenen Gebäuden bereitgestellt werden können. Ergänzend dazu können erhebliche Mittel zur energetischen Sanierung städtischer Gebäude über verschiedene öffentliche Förderprogramme beantragt werden (EU: z. B. „ELENA – European Local Energy Assistance“, Bund: z. B. „Kommunalrichtlinie“ und „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“, Landesebene: z. B. „Klima-Richtlinie“ und „Kommunalrichtlinie Energie“). Darüber hinaus stehen insbesondere im Rahmen der KFW-Förderung für kommunale Nicht-Wohngebäude umfangreiche Mittel bereit.

In Frankfurt wird die energetische Sanierung der rund 2.500 stadteigenen Gebäude bislang insbesondere durch das Eigenpersonal im städtischen Energiemanagement im Amt für Bau und Immobilien (ABI) in Zusammenarbeit mit Personal in externen Unternehmen durchgeführt. In anderen Städten werden auch städtische Gesellschaften mit Teilpaketen der energetischen Sanierung der städtischen Gebäude betraut. In Osnabrück wird die Sanierung der städtischen Gebäude seit 2010 durch das Personal im städtischen Eigenbetrieb „Immobilien und Gebäudemanagement“ durchgeführt. In Karlsruhe und Mannheim wurden jüngst städtische Gesellschaften gegründet, um die städtischen Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen ausstatten zu können. In Berlin erstellt die Senatsverwaltung zusammen mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) ein Gesamtkonzept, welches neben den vorgegebenen Sanierungszielen u. a. Kriterien für die Auswahl der zu sanierenden Gebäude beinhaltet.

Gemäß den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag der Stadtregierung soll bei der Fortschreibung der Strategie zur energetischen Sanierung der stadteigenen Gebäude sichergestellt werden, dass dabei vorzugsweise umwelt- und klimafreundliche Bau- und Dämmmaterialien zum Einsatz kommen und dass im Zuge der Sanierung der Gebäude bestehende Nist- und Brutstätten von geschützten Arten (z. B. Mauersegler, Fledermäuse oder Falken) erhalten bzw., falls dies nicht möglich ist, ersetzt und darüber hinaus möglichst auch zusätzliche Nist- und Bruthöhlen geschaffen werden.

Zahlreiche Fachpublikationen bieten wichtige Orientierungen für die Erreichung eines klimaneutralen stadteigenen Gebäudebestandes in Frankfurt, darunter zum Beispiel: „Der Weg zur treibhausgasneutralen Verwaltung. Etappen und Hilfestellungen“ des Umweltbundesamtes von 2020. „Klimaschutz & Gebäudesanierung. Sanierung kommunaler Liegenschaften planen, Eigentümer motivieren, Quartiere erneuern“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) von 2018. „Energetische Zustandsbewertung großer Gebäudebestände (OfDataLyse). Entwicklung eines Tools für die strategische Auswertung von heterogenen Datensätzen großer Gebäudebestände“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung von 2022.“ In den Städten Köln, Mannheim, München und Münster wurden wegweisende Ansätze zur energetischen Sanierung des stadteigenen Gebäudebestandes entwickelt, die auch für Frankfurt attraktiv sein könnten.

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