Ausstieg aus der Sexarbeit/Prostitution mit Übergangswohnungen und anderen Hilfen unterstützen

NR 951

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird gebeten, ein Wohn- und Betreuungs-Projekt vorzubereiten und – falls aus vorhandenen Mitteln möglich auch direkt – einzurichten, das weibliche Sexarbeiterinnen und Prostituierte beim Ausstieg aus der Branche unterstützt.

Das Projekt soll umfassen:

1. Die Bereitstellung von zwei Wohnungen/Appartements, in denen jeweils eine Sexarbeiterin/Prostituierte für einen Zeitraum von maximal drei Monaten wohnen kann. Die sozialrechtlichen Möglichkeiten zur Finanzierung der Miete sind auszuschöpfen. Besteht kein Leistungsanspruch, wird die Wohnung mietfrei zur Verfügung gestellt. Die Wohnungen sollen außerhalb des Rotlichtmilieus liegen, komplett möbliert und ausgestattet sein und lediglich als Übergangslösung für drei Monate, nicht als Langzeitunterkunft dienen.

2. Die Einrichtung eines Hilfefonds, aus dem die Betreffenden ein Übergangsgeld zur Finanzierung ihrer Lebenshaltungskosten erhalten, bis ihr Antrag auf staatliche Leistungen bewilligt wurde oder sie wieder ein eigenes Einkommen erzielen. Das Übergangsgeld soll für maximal drei Monate auch dann gewährt werden, wenn kein Anspruch auf staatliche Leistungen besteht.

3. Die Kostendeckung der professionellen individuellen Beratung und engmaschigen Begleitung der jeweiligen Bewohnerinnen durch Mitarbeiterinnen eines geeigneten Trägers, der über die benötigte fachliche Kompetenz und Qualität, hinreichende Erfahrung und eine gute Vernetzung in das Milieu und zur Zielgruppe verfügt. 

4. Die Information von Beratungsstellen, Initiativen, Vereinen, Sozialarbeitenden, betroffenen Ämtern und Behörden über die Implementierung des Wohn- und Betreuungsprojektes und bei Interesse ihre Vermittlung an die verantwortlichen Personen.

5. In der Sexarbeit/Prostitution arbeiten auch Männer, nicht-binäre sowie trans Personen. Es soll geprüft und berichtet werden, ob auch für diese Gruppen ein entsprechendes Ausstiegs-Projekt benötigt wird.

Bei der Einrichtung des Wohn- und Betreuungsprojekts soll geprüft und berichtet werden, ob es

a) mit Unterstützung durch das Hessische Ministerium für Soziales oder ein anderes hessisches Ministerium realisiert werden kann oder

b) von Bundes- und/oder europäischer Ebene finanzielle Unterstützung findet, z.B. durch den Europäischen Sozialfond Plus.

Das Projekt soll nach drei Jahren einer Evaluation unterzogen werden. Folgende Punkte sollen hierbei überprüft werden:

a) Wie viele betroffene Personen haben in den letzten drei Jahren in den Unterkünften gelebt?

b) Wie viele betroffene Personen mussten in den letzten drei Jahren abgelehnt werden, da die Unterkunft bereits belegt war oder aus anderen und welchen Gründen?

c) Wie lange lebten die betroffenen Personen durchschnittlich in der Wohnung?

d) Wie vielen betroffenen Personen gelang der Ausstieg aus der Prostitution, nachdem sie die Unterkunft wieder verließen?

Zeigt sich bereits früher deutlich, dass der Bedarf an solchen Ausstiegswohnungen für weibliche Sexarbeiterinnen/Prostituierte höher ist als hier angenommen, soll das Projekt entsprechend erweitert werden.

Begründung:

Die Gründe, warum Menschen in der Sexarbeit/Prostitution tätig sind, sind sehr vielfältig. In einem Positionspapier von u.a. dem Deutschen Frauenrat, Deutschen Juristinnenbund, der AIDS-Hilfe und der Diakonie Deutschland werden sie wie folgt beschrieben: „Die einen haben sich aus freien Stücken für diesen Beruf entschieden und betonen ihr Recht darauf. Für andere ist diese Arbeit die einfachste Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Wieder andere stehen mangels Zugang zu anderen Arbeitsmöglichkeiten und aufgrund materieller Not unter Druck. Manche haben mit Drogenabhängigkeit zu kämpfen. Und manche sind tatsächlich Opfer von (physischer oder psychischer) Gewalt oder Zwang. Die Grenzen sind fließend.“ 

Unabhängig vom Anlass für den Einstieg stellt der Ausstieg aus der Sexarbeit/ Prostitution eine enorme Herausforderung dar und ist mit großen Hürden verbunden – auch wenn der Wunsch danach riesengroß sein mag. Vielen fehlen schlichtweg die nötigen Ressourcen und die Kenntnisse, um sich beruflich, in Bezug auf den Lebensunterhalt, gegebenenfalls vorhandene Ansprüche auf staatliche Leistungen, den künftigen Wohnort und neue soziale Netzwerke umzuorientieren. 

Professionelle Beratung und individuelle Begleitung in diesem Prozess finden Sexarbeiterinnen/Prostituierte in dieser Situation in den von der Stadt Frankfurt bezuschussten Beratungsstellen. Viele Sexarbeiterinnen/Prostituierte haben jedoch keine eigene Wohnung, sondern wohnen im Bordell, in vom Bordellbetrieb bezahlten Pensionen, bei ihrem Zuhälter oder in ähnlichen prekären Verhältnissen. Wenn sie aus der Sexarbeit / Prostitution aussteigen, verlieren sie diese Wohnmöglichkeiten.

Sie benötigen daher als erstes für einen Übergangszeitraum von maximal drei Monaten eine sichere Wohnung, in der sie vorübergehend kostenfrei unterkommen können, während sie sich stabilisieren und – von professionellen Berater*innen unterstützt – orientieren und anderweitig nach Arbeits- und Unterbringungsmöglichkeiten umschauen können.

Wichtig für den Ausstieg ist außerdem ein geregeltes Einkommen. Sind keine Rücklagen vorhanden, sollen die Betreffenden deshalb einmalig ein Übergangsgeld erhalten – für maximal drei Monate bzw. bis ein Antrag auf staatliche Leistungen bewilligt wurde oder ein eigenes Einkommen wieder erzielt wird. 

Da der Ausstieg aus der Prostitution so unmittelbar mit der Wohnraumversorgung verknüpft sein kann, sollte Frankfurt dem Beispiel anderer Kommunen folgen (siehe Marburg „Hilfeplan Ausstieg aus der Prostitution“ oder auch Mannheim, Projekt „Horizonte Plus“) und mit der Bereitstellung einer möglichst niedrigschwelligen, sicheren Übergangsunterkunft die Ausstiegschancen Betroffener erhöhen und fördern.

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